Operation eines Tumors der Blase (TUR Blase)

Wenn man es bemerkt, erschrickt man. Der goldgelbe Urin – auf einmal rot. Das wird mit Gefahr verknüpft. Nicht zu Unrecht, doch es ist nicht immer gefährlich. Eine Rotfärbung des Urins kann auch harmlos sein. Das reicht von Nahrungsstoffen über Medikamente bis zu kleinen Verletzungen. Aber es kann auch ein frühes Zeichen von Blasenkrebs sein. Was soll man machen? Nur eines bitte nicht: Wegspülen und ignorieren. Stellen Sie sich besser ein paar Fragen und suchen Sie im Zweifelsfall eine Urologin oder einen Urologen auf.

Roter Urin: Wichtige Fragen, um das wahrscheinlich Richtige zu tun
  • Sind Sie eine junge Frau und haben nicht nur Blut im Urin sondern auch Schmerzen bei der Blasenentleerung, wird es sich wahrscheinlich um eine bakterielle Blasenentzündung handeln. Eine Blasenspiegelung ist dann nicht erforderlich und sogar überflüssig. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten der Behandlung der Blasenentzündung, auf die an anderer Stelle noch einmal eingegangen wird.
  • Sind Sie eine Frau nach dem 40. Lebensjahr und haben trotz einer testgerechten Antibiose sowohl Schmerzen bei der Blasenentleerung als auch blutigen Urin, sollten Sie eine Urologin oder einen Urologen aufsuchen. Es muss unbedingt eine Ultraschalluntersuchung der gefüllten Blase und eine Blasenspiegelung erfolgen, denn es kann ein Blasenkrebs vorliegen. Die Schmerzen können von einem heimtückischen begleitenden oberflächlichen Blasenkrebs kommen, dem sogenannten Carcinoma in situ (siehe Bild unten, der Befund in der Mitte von den 3 Bildern der oberen Reihe). Sehr hilfreich ist auch eine Untersuchung des Urins auf Tumorzellen, die Urinzytologie.
  • Wesentliches Leitsymptom eines Blasentumors ist in aller Regel die schmerzlose und mit bloßem Auge sichtbare Blutbeimengung bei der Blasenentleerung, die sogenannte Makrohämaturie. Sind Sie ein älterer Mann und starker (ehemaliger) Raucher, sollten Sie bei einer schmerzlosen Rotfärbung des Urins unbedingt eine Abklärung mit einer Urinuntersuchung und einer Blasenspiegelung machen lassen.
  • Wenn man im Mikroskop den Urin untersucht und massenhaft rote Blutkörperchen sieht, handelt es sich um eine Blutung. Sieht man keine roten Blutkörperchen, handelt es sich eventuell um Farbstoffe von Medikamenten, einen Farbstoff von Lebensmitteln (z.B. Rote Beete) oder selten den Blutfarbstoff als Folge von zerstörten roten Blutkörperchen.
Ist eine Blasenspiegelung nicht schmerzhaft?

Mit den modernen flexiblen Instrumenten ist die Spiegelung in mehr als 90 % nicht schmerzhaft sondern allenfalls unangenehm. Die Geräte sind dünner als der Durchmesser der Harnröhre und so biegsam, dass sie sich dem bogenförmigen Verlauf der männlichen Harnröhre anpassen. Außerdem wird vorher ein Gleitmittel mit einem lokalem Betäubungsmittel in die Harnröhre gegeben, dass nach einigen Minuten stark empfindungshemmend wirkt. Man kann die Optik mit einem Videoaufsatz oder „Chip on the Tip“ verbinden und dem Betroffenen auf Wunsch den Befund demonstrieren.

Bei einem typischen Normalbefund erkennt man eine eher blasse Schleimhaut der Blase mit einzelnen kleinen Blutgefäßen. Bei verdächtigen Rötungen betreffen sie entweder ganze Areale der Blase oder einzelne Stellen. Sieht man „korallenförmige“ Wucherungen, sind das Tumore der Blase, die entfernt werden müssen.
Wo kann das Blut noch herkommen, wenn die Blase unauffällig ist?

Handelt es sich tatsächlich um eine Blutung mit Blutkörperchen im Unterschied zu Blutfarbstoff, gibt es mehrere Möglichkeiten, die ausgeschlossen werden müssen:

  • Gibt es Fremdkörper in der Blase wie z.B. Blasensteine, können diese mechanisch zu einer Blutung führen.
  • Haben Männer eine vergrößerte Prostata, zeigen sich oberflächlich mitunter gestaute Venen wie bei Krampfadern. Die können beim Pressen, um den Urin gegen den Widerstand der Prostata auszudrücken, platzen und zu einer Blutung führen.
  • Viele ältere Menschen nehmen heute beispielsweise wegen Rhythmusstörungen des Herzens gerinnungshemmende Medikamente. Die können dann bei mikroskopisch kleinen Einreisen zu einer stärkeren Blutung führen, ähnlich den blauen Flecken, die viele ältere Patienten aufweisen.
  • Kommt es zu einem Schleimhauttumor des urinableitenden Systems, ist in 95 % die Blase betroffen, vermutlich wegen der langen Kontaktzeit des Urins in der Blase. Es können jedoch auch – wenn auch sehr viel seltener – die Harnleiter als Verbindung von Nieren zu der Blase oder die Nierenbecken selbst betroffen sein. Hier ist eine organerhaltende Behandlung wegen der sehr dünnen und schwer erreichbaren Strukturen sehr viel schwieriger.
Wie wird der Blasentumor entfernt oder die Diagnose gesichert?

Der Befund bei der Blasenspiegelung hat eine große Bedeutung. Jede erfahrene Urologin bzw. Urologe kann gut einschätzen, wie er mit dem Befund weiter umzugehen hat.

  • Sieht man größere Tumor wie im Bild oben in der rechten Bildleiste oben und unten, muß für den Betroffenen ein Termin in einer urologischen Klinik vereinbart werden, um den Tumor in einer Vollnarkose oder Leitungsanästhesie (sogenannte Spinalanästhesie) zu entfernen (siehe unten).
  • Bei einem unauffälligen Befund muss man nach anderen Ursachen suchen bzw. diese ausschließen.
  • Bei einem Patienten, der bereits einmal oberflächliche Blasentumore hatte, kommt in der Hälfte der Fälle im Laufe der nachfolgenden Jahre zu einem Wiederauftreten. Dann müssen diese Tumore entfernt werden, aber das Risiko einer Streuung des Tumors ist nahezu ausgeschlossen. Handelt es sich um kleine Befunde oder einen alten oder schwer torerkrankten Patienten, versucht man ihm / ihr einen stationären Aufenthalt im Krankenhaus oder eine Narkose zu ersparen.
  • Man kann diese Tumor in Lokalanästhesie „verbrennen“. Diese Fulguration erfolgt mit einer flexiblen Sonde, wobei die Blase mit einem Gemisch von lokalem Betäubungsmittel und Bikarbonat sehr gut lokal betäubt werden kann.
Hat man einen sehr kleinen Tumor, kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einem nicht in die Tiefe wachsenden Tumor ausgegangen werden. Um dem Betroffenen eine Narkose und regelrechte Operation (siehe unten) zu ersparen, weil er / sie beispielsweise zu alt oder zu krank ist, kann man die Tumore in Lokalbetäubung „verbrennen“ oder fulgurieren. Hierzu wird ein flüssiges Betäubungsmittel mit alkalisierendem Bicarbonat in die Blase gegeben und nach 10 Minuten kann man die kleinen Tumore schmerzfrei unter optischer Kontrolle mit dem flexiblenEndoskop und einer flexiblen Sonde „verbrennen“.
Was bedeutet „Fluoreszenz-Diagnostik“ bei Blasentumoren?

Mit Fluoreszenz ist das Phänomen gemeint, das ein Material nach Anregung durch Licht spontan wiederum Licht ausstrahlt. In der Medizin macht man sich dieses Verhalten bei der sogenannten Fluoreszenzdiagnostik oder auch photodynamischen Diagnostik (PDD) zunutze. Ein in der Urologie genutztes und weltweit etabliertes Verfahren ist die Zufuhr von Photosensibilatoren, der 5-Aminolävulinsäure (5-ALA). Diese Substanz bzw. deren Abbauprodukten reichern in Tumorgewebe sehr viel stärker an als in Normalgewebe. Wenn man nun das Licht im Endoskop auf eine bestimmten Wellenlänge verändert, führt das zur Emission von Fluoreszenz, was in der praktischen Anwendung einer Rotfärbung tumorverdächtiger Areale entspricht. Das Verfahren wurde an der LMU in München entwickelt und von Prof. Alfons Hofstetter, Prof. Dirk Zaak und Prof. Martin Kriegmaier vor mehr als 25 Jahren wissenschaftlich etabliert.

Bei der Fluoreszenzdiagnostik macht man sich zunutze, dass bestimmte Substanzen in Tumorgewebe angereichert werden, die man wiederum durch Licht einer bestimmten Wellenlänge (blau) dazu bringen kann, rot zu leuchten. Damit können auch in der normalen Weißlicht-Spiegelung (rechts oben) schwer erkennbare flache Veränderungen „farblich“ einfach entdeckt werden. Die fluoreszierende Substanz 5-ALA wird ungefähr 1-2 Stunden vor der Operation über einen Katheter direkt in die Blase gegeben, damit sie sich im Tumorgewebe anreichern kann.
Wann setzt man diese Technik ein?

Viele Tumore der Blase kann man in der normalen Spiegelung mit sogenanntem Weißlicht sehr gut erkennen und dann abtragen (siehe unten). Hat man aber einen flach wachsenden Krebs der Blase, das sogenannte Carcinoma in situ (= CIS), muß man genau und engmaschig kontrollieren, da dieser Krebstyp das Risiko birgt, fortschreitend und metastasierend zu wachsen. Um ihn zielgerichtet entdecken zu können, ist die „farblich markierte“ Gewebeentnahme sehr hilfreich.

  • Eine gute Therapiemöglichkeit dieses flach wachsenden Blasenkrebs ist die Spülung der Blase mit BCG. Man muss dann aber in zeitlich festgelegten Zwischenschritten eine Kontrollbiopsie durchführen um zu sehen, ob die Immuntherapie mit BCG angeschlagen hat. Um die richtigen Stellen zu biopsieren, hilft die photodynamische Sichtbarmachung verdächtiger Stellen.
  • Schlägt die Therapie mit BCG nicht an, muss eine Therapieintensivierung oder ein Wechsel auf eine andere Behandlung wie beispielsweise eine Gentherapie oder notfalls eine Entfernung der Blase mit einer Harnableitung beispielsweise mit einer Ersatzblase erfolgen.
Wie entfernt man einen Tumor der Blase?

Vor fast 100 Jahren entdeckte man, dass elektrischer Strom je nach seiner Frequenz im Gewebe eine unterschiedliche Wirkung hat. Man kann damit schneiden und Gewebe abtragen, aber auch eine Blutung zum Stillstand bringen. Diese Form der Chirurgie wird auch als „Elektrochirurgie“ bezeichnet, wobei dieser übergeordnete Begriff eigentlich nur den Effekt beschreibt. Ja nach Frequenz des Stroms wird das Gewebe durchtrennt oder verklebt und entspricht damit einem Schnitt oder einer Blutstillung. Es war der amerikanische Wissenschaftler William Bovie, der diesen Effekt von Strom etablierte und sich patentieren ließ. Weil er aber im Alter arm und krank war, hat er das Patent für 1 Dollar an eine Firma verkaufen müssen. Trotzdem erinnert man sich seiner, weil mitunter auch heute noch mit dem Begriff „bovie“ das elektrische Schneidegerät oder der Vorgang des elektrischen Schneidens bezeichnet wird.

Bei der Operation wird in Narkose durch die Harnröhre ein sehr dünnes Instrument eingeführt, bei dem man dann unter optischer Kontrolle eine elektrische Schlinge nutzen kann. Diese ist mit Strom verbunden und man kann im Schneidemodus Gewebe entfernen oder im Koagulationsmodus das Gewebe „verkleben“ und eine Blutung stoppen. Mit dieser Technik wird der Tumor und danach das Rand- und Grundgewebe des Tumors entfernt und separat zum Pathologen zur mikroskopischen Beurteilung geschickt. Die getrennte Gewinnung des Rand- und Grundgewebes (s. Zeichnung, 2. Probe mit Tumorrand und Tumorgrund) ist wichtig, weil nur so eine Aussage möglich ist, wie tief der Tumor eingewachsen ist oder ob der Tumor im Gesunden entfernt wurde.
Warum heißt diese Technik „TUR-Blase“?

De facto werden bei diesem Operationsverfahren die Tumore der Blase auf natürlichem Weg durch die Harnröhre entfernt. Im Sinne einer international gleichen Verständigung benennt man dieses Verfahren auch als „Trans (durch)“ – „Urethrale (Harnröhre)“ – „Resektion (Abtragung)“ des Tumors der Blase oder „TUR-Blase“. Bei diesem Vorgang wird unter optischer Kontrolle die Schlinge mit der Hand des Operateurs zum Abtragen des Tumors dirigiert. Mit einem Fußschalter kann gleichzeitig die Stromfrequenz in der Schlinge aktiviert werden, so daß der Tumor stückweise abgetragen und der Gewebegrund verschorft werden kann. Das abgetragene Gewebe wird dann zum Pathologen zur mikroskopischen Untersuchung geschickt.

Seit einigen Jahren wird von einigen Kliniken eine komplett narbenfreie Operation bestimmter Organe propagiert wie beispielsweise die Entfernung der Gallenblase durch die Scheide oder den Bauchnabel. Ob diese „NOTES-Technik“ (= Natural Orifice Transluminl Endoscopic Surgery) sinnvoll ist oder nicht, soll hier nicht besprochen werden. Aber auf jeden Fall ist es nichts grundsätzlich Neues, weil die „TUR-Technik“ bei den Urologen schon seit vielen Jahrzehnten zur Behandlung von Blasentumoren, der Verkleinerung einer vergrößerten Prostata („TUR-Prostata“) oder der Entfernung von Steinen aus dem Harnleiter oder der Niere erfolgreich praktiziert wird.

Was passiert nach der Operation?
  • Nach der Operation wird in aller Regel für 24 bis 48 Stunden ein Katheter gelegt und die Blase mit steriler Flüssigkeit gespült. Gerade bei größeren Tumoren kann es nämlich zum Austritt von geringen Blutspuren aus dem Wundgebiet kommen, was dann zur Bildung von Blutklumpen führt. Das muss verhindert werden, da sich solch eine Bildung von Blutklumpen, die sogenannten Koagel, zur fortgesetzten Blutung führt.
Was kann man gegen die Blasenkrämpfe tun?

Der Katheter in der Blase ist für einen Teil der Betroffenen sehr unangenehm, weil es zu Blasenkrämpfen kommen kann. Diese werden durch den Fremdkörperkontakt mit der Blasenschleimhaut ausgelöst. Es gibt eine Vielzahl von Tricks, diese Katheterkrämpfe zu vermeiden oder zu reduzieren.

  • Man kann Schmerzmittel und / oder krampflösende Mittel verabreichen.
  • Miitunter hilft eine Lageänderung des Körpers in einer Seitenlage, da dann die mobilen Anteile des Blasendoms nicht direkt auf die Katheterspitze fallen.
  • Ist die Spülung der Blase wegen klarem Urin abgestellt, kann eine erneute Aktivierung der Spülung wieder helfen, weil es die Schleimhaut der Blase von dem Katheterkontakt „wegspült“.
  • Man sollte man den Katheter so fixieren, dass der Katheterballon in der Blase nicht nach unten in den Blasenhals gezogen wird, weil das einen Reiz auslöst. Eventuell sollte der Katheter am Bein „fixiert“ werden.
  • Ein anderer Trick ist, das Füllungsvolumen des Katheters zu reduzieren oder auch zu steigern, um die Kontaktfläche mit der Blase zu verändern und die Katheterspitze anders zu positionieren.
  • Man kann über den Katheter von außen ein blasenberuhigendes Medikament in die Blase geben, meist eine Kombination von flüssigem Lokalbetäubungsmittel mit alkalisierendem Bicarbonat. Dazu muss dann aber der Ablauf des Katheters für 15 Minuten zugeklemmt werden, damit das Betäubungsmittel ausreichend Zeit hat, an der Schleimhaut einzuwirken.
  • Ideal sind spezielle Katheter ohne die „dochtartige“ Katheterspitze, die meist die Irritation an der Schleimhaut auslöst.
Bei diesem neuartigen „Flume“-Katheter ist die Öffnung zum Spülen der Blase unterhalb des Ballons, so daß die „dolchartige“ Spitze des Katheters, die oft für die schmerzhaften Blasenkrämpfe verantwortlich ist, ausgeschaltet werden kann.
Wie oft kann man die Operation einer TUR-Blase wiederholen?

Grundsätzlich kann man die Entfernung von Blasentumoren beliebig oft wiederholen, da in dem weggeschnittenen Gewebe wieder weitgehend normales Gewebe nachwächst. Allerdings ist die Bösartigkeit des Tumors und das biologische Verhalten, ob der Tumor oberflächlich oder in die Tiefe wächst, von entscheidender Bedeutung.

  • Ungefähr 70 Prozent aller Blasentumor sind oberflächlich. Sie wachsen auf der obersten Zellschicht der Blase und nicht in die Tiefe der Blasenschichten. Damit ist das Risiko, dass diese Blasentumore streuend wachsen, extrem gering. Dafür können diese Tumor immer wieder nachwachsen und die Betroffenen müssen sich einer lebenslangen regelmäßigen Kontrolle in Form einer Blasenspiegelung unterziehen. Kommt es zu einem Rezidiv (= Wiederauftreten) des Tumors, kann man diesen wieder mit einer TUR-Blase entfernen. Im Grunde geht das beliebig oft, wenn die Areale nicht zu groß sind. Zwar wird die Elastizität der Blasendehnung mit der Zeit wegen der vielen Narben geringer, aber die Betroffenen können das gut kompensieren.
  • In ungefähr 30 Prozent wachsen die Tumore der Blase in die Tiefe oder haben ein begleitendes Carcinoma in situ, also einen aggressiven Tumor. Bei diesen Tumoren ist weniger die Frage, wie oft man nachschneiden kann, sondern eher die Frage, ob man die Blase nicht entfernen muss, um eine Streuung des Tumors zu verhindern. In diesen Fällen kann man aus körpereigenem Gewebe eine Ersatzblase oder bei älteren Personen eine einfachere „nasse Harnableitung“ in einen Beutel als künstlichem Ausgang operativ anlegen.
Nach oben scrollen