Beckenbodentraining für den Mann: Wie und warum?

Für Frauen ist es heutzutage selbstverständlich, die Schwäche des Beckenbodens besonders als Folge einer Geburt mit einer adäquaten Therapie zu kompensieren. Dahingegen wissen viele Männer nicht, dass der Beckenboden eine wichtige Funktion hat und es wird ihnen oft erst nach einer Operation an der Prostata, bei Problemen mit einer überaktiven oder Drangblase oder Störungen der Erektion bewußt.

Wann hilft das Beckenbodentraining beim Mann?
  • bei Kontinenzproblemen einer nach Operationen zur Verkleinerung der gutartig vergrößerten Prostata
  • bei Kontinenzproblemen nach einer Komplettentfernung der bösartig entarteten Prostata
  • bei der überaktiven oder Drangblase, bei der eingeübte Kontraktionen des Beckenbodens einen Art Gegenstimulus ausüben, um den Blasenreiz zu unterdrücken.
  • bei Erektionsstörungen des Mannes, da es die Durchblutung des Penis fördern kann. Hier wurde jüngst eine digitale App entwickelt, die per Rezept verschrieben und von der Krankenkasse erstattet wird.
  • es kann das Phänomen des Nachlaufens von Urin nach der Blasenentleerung bessern, das sogenannte sogenanntes postmiktionelle Dribbling
Wo finde ich Informationen im Netz?

Eine Möglichkeit sind Übungen, die man als bebilderte Anleitungen im Internet findet. Nach meiner Einschätzung sind diese Ratgeber hilfreich, wobei ich als operierender Urologe keine physiotherapeutische Expertise habe. Allerdings sind diese Ratgeber alle durch entsprechende Experten erstellt worden. Erfahrungsgemäß ist es für viele Betroffene einfacher, wenn sie durch eine professionelle Anleitung mit Physiotherapeuten unterstützt werden.

Ein hilfreicher Tipp „aus dem Leben“

Vor vielen Jahren traf ich eines Tages einen ehemaligen urologischen Chefarzt auf einem Wochenmarkt und wir sprachen über die Behandlung der Folgen nach urologischen Operationen. Wir sprachen über das Problem des guten Trainings für den Beckenboden, denn das Internet war diesbezüglich noch sehr viel weniger hilfreich. Deshalb interessierte mich seine Version des Beckenbodentrainins, die sich in der bildhaften Vermittlung gegenüber Patienten als sehr verständlich und hilfreich erwiesen habe.

Er hätte seinen Patienten immer gesagt: „Lassen Sie die Eier tanzen“. Und in der Tat kommt es beim Versuch, nur die Hoden nach oben Richtung Leiste zu ziehen, zu einem Mitanspannen des Beckenbodens. Sehr hilfreich ist es, diese Übung bei der Entleerung der Blase durchzuführen, da es dann jedes Mal zum Unterbrechen des Urinstrahls kommt. Man kann diese Übung überall und immer wieder machen, selbst beim Schauen der „Tagesschau“.

Gibt es auch hilfreiche Bücher?

Es gibt einige Bücher, die Mehrzahl ist im Selbstverlag erschienen. Es ist sicher hilfreich zu lesen, was die Rezensenten anmerken. Bücher ohne bebilderte Darstellung der Übungen erscheinen in der heutigen Zeit eine unnötige Erschwernis. Durchgehend hervorragend bewertet wird das Buch einer urologisch spezialisierten Physiotherapeutin, die auch online-Kurse anbietet.

Botschaft am Ende

Ich habe in meinem urologischen Alltag ein interessantes Phänomen beobachtet, das wiederum die Notwendigkeit eines fortgesetzten Trainings des Beckenbodens wie bei einem Rückentraining veranschaulicht. Patienten, bei denen ich vor vielen Jahren eine Totaloperation der Prostata wegen einer bösartigen Erkrankung durchgeführt hatte, stellen sich im höheren Alter erneut vor, weil sie Kontinenzprobleme haben. Obwohl sie wenige Wochen nach der Operation komplett dicht waren und jahrelang keine Probleme hatten, traten diese ohne äußere Einflußfaktoren jetzt auf einmal wieder auf. Diese Männer erhalten von mir eine Rezept zur erneuten Durchführung eines angeleiteten Beckenbodentraining durch Physiotherapeuten. In der Mehrzahl bessern sich die Beschwerden nach wenigen Wochen. Das zeigt, dass der Beckenboden des Mannes – wie alle anderen Muskeln des Körpers übrigens auch – gerade im Alter trainiert werden kann und soll.

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