Nykturie: Nicht nur ein Problem der Prostata

Mehrfaches nächtliches Aufstehen, um die Blase zu entleeren, wird als Nykturie bezeichnet und leitet sich aus dem Altgriechischen ab, wo es „nächtliche Harnlassen“ bedeutet. Einige sagen: „Kein Problem, ich schlafe direkt wieder ein.“ Für andere wird es aber zur Qual, weil es eben nur schwer oder mit erheblicher Zeitverzögerung gelingt, wieder einzuschlafen. Das sind diejenigen, die einen offensichtlichen Schlafmangel haben, der gravierende Auswirkungen für die Leistungsfähigkeit bis hin zu einer Verkürzung der Lebenszeit haben kann.

Nykturie: Frauen genauso häufig betroffen

Männer gehen mit diesem Problem deshalb zum Urologen, weil sie das nächtliche Aufstehen stört, sie wegen der Schlafstörungen erschöpft sind und hoffen, dass eine Behandlung der Prostata das Problem beseitigt. Natürlich kann die Prostata schuld sein und ihre Behandlung das Problem lösen, weil es die Blasenentleerung erleichtert. Aber das betrifft nur ungefähr ein Viertel der Männer. Bei den anderen Männern gibt es ganz andere Ursachen für das nächtliche Aufstehen. Und die betreffen gleichermaßen Frauen, die genauso häufig über das Problem des nächtlichen Aufstehend klagen. Das alleine deutet darauf hin, dass sich um ein Problem zu handeln scheint, das irgendwie mit dem Flüssigkeitshaushalt zusammenhängt.

Welche Störungen können eine Nykturie verursachen:

Man könnte meinen, das nächtliche Aufstehen mit dem Ziel der Blasenentleerung sei normal. Das ist sicher falsch. Ein ausreichender Schlaf ist Voraussetzung für eine Erholung der Körperfunktionen. Wäre das nicht normal, wäre der Mensch im Überlebenskampf der Arten sicher lange ausgestorben. Aber was führt zur Störung dieser elementaren Funktion?

  • eine erhöhte nächtliche Urinausscheidung (sogenannte nächtliche Polyurie)
  • eine zu geringen Kapazität der Blase
  • eine vermehrte ganztägige Urinausscheidung (sogenannte 24-Stunden-Polyurie)
  • eine Schlafstörung (sogenannte Insomnie)
Wann ist eine nächtlichen Urinmenge zu hoch?

Beim Autofahren ist es ja auch eine Frage der Definition, wann man zu schnell fährt. So ist es auch bei der Menge der nächtlichen Ausscheidung. Misst man seine gesamte Urinausscheidung über den Tag (einen Messbecher findet man übrigens für wenige Cent in jedem Geschäft für Haushaltswaren oder Drogeriemarkt), darf der Anteil der nächtlichen Urinproduktion nicht mehr als ein Drittel (1/3) der täglichen Gesamtmenge sein. Dabei ist wichtig, das die Menge der ersten Blasenentleerung nach dem Aufstehen zur Nachtmenge hinzugezählt wird, weil es Urin ist, der noch in der Nacht produziert wurde.

Ursachen einer erhöhten nächtlichen Urinausscheidung (nächtliche Polyurie)

Es gibt eine Vielzahl von Ursachen, die zu einer Vermehrung der nächtlichen Urinausscheidung führen, die mehr oder wenig aufwendig zu diagnostizieren sind. Die meisten lassen sich aber durch eine gute Anamnese – also eine Befragung des Patienten – und eine einfache körperliche Untersuchungen und wenige Blutuntersuchungen feststellen.

  • Herzschwäche (Symptom: dicke Beine, Belastungsstörung ..)
  • obstruktive Schlafapneu (nächtliche Atemaussetzer mit Schnappatmung ..)
  • Wasser in den Beinen
    • venöse Stauung (wenn das rechts Herz das Blut nicht mehr richtig in den Körper weiter pumpt)
    • nephrotisches Syndrom (wenn bei einer Nierenerkrankung das Eiweiß aus dem Blut in den Urin verloren geht)
    • Leberstörung
    • Mangel an Bluteiweiß (= Hypoalbuminämie beispielsweise durch eine Bildungsstörung durch verschiedene Ursachen)
  • Exzessive Flüssigkeitszufuhr
  • Mangel des wassersparenden Hormons (sog. AntiDiuretisches Hormon = ADH)
aus: „Der Prostata- und Blasenguide – was Mann wissen muß“ von Roth & von Rundstedt, Droemer-Knaur-Verlag, Zeichnungen Fr. Natascha Römer
Ursachen einer zu geringen Kapazität der Blase

Eine zu kleine Blase ist ein großes Problem. Nicht nur weil es einem fast „zu einfach“ erscheint, sondern hinter diesem Chamäleon so viele Ursachen stecken, die mitunter schwierig herauszufinden sind. Es ist der Situation vergleichbar, wenn man die Blumen mit einem Becher statt mit einer Kanne gießt – als Folge muss man dauernd Laufen. Die Auslöser einer solchen Blasenverkleinerung sind vielfältig:

  • Resturin in der Blase (beispielsweise weil sich die Blase wegen einer großen Prostata nicht mehr richtig entleert)
  • ein überaktiver Blasenmuskel (sog. hyperaktiver Detrusor ähnlich einer „spastischen“ Blase)
  • eine neurologisch erkrankte Blase (wie bei der Schüttellähmung (Morbus Parkinson) oder der multiplen Sklerosen
  • ein Blasenkrebs, insbesondere das flach wachsende und schwer erkennbare Carcinoma in situ (CIS) der Blase
  • Nebenwirkungen von Medikamenten
  • Blasensteine (die sich fast nur bei Männern mit Resturin in der Blase bilden)
  • Blasenentzündungen
  • fehlendes Blasentraining (die Rentner- oder Pensionistenblase, die man nicht mehr ausreichend trainiert)
aus: „Der Prostata- und Blasenguide – was Mann wissen muß“ von Roth & von Rundstedt, Droemer-Knaur-Verlag, Zeichnungen Fr. Natascha Römer
Ursachen einer vermehrten 24-Stunden-Urinausscheidung (Polyurie)

Immer wieder werden diese Ursachen genannt – sind aber selten. Nach meiner Erfahrung bei mehr als 100.000 behandelten Patienten habe ich das nur in einigen wenigen Fällen gesehen.

  • Diabetes mellitus (durch den hohen Zuckerspiegel im Blut kommt es zum Zuckerverlust in den Urin, der Wasser mitzieht)
  • Diabetes insipidus (eine seltene Hormonmagelstörung, das der Urin weniger konzentriert wird und man sehr viel Wasser verliert)
  • Potomanie (wenn die Betroffenen krankhaft zu viel Trinken, im englischen spricht man von „acute psychogenic water drinking“)
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