Das Prostata-Spezifische Antigen(PSA) ist ein kleines Eiweißmolekül, das vor fast 50 Jahren gefunden wurde. Inzwischen ist es unverzichtbarer Bestandteil, den Mann vor seinem häufigsten Krebs, nämlich dem Prostatakrebs zu schützen. Richtig ist, dass der Mann vor der Bestimmung des PSA-Wertes über die Stärken und Schwächen des PSA-Wertes aufgeklärt werden soll. Richtig ist auch, dass es bei einer Erhöhung mehrere Gründe gibt, die diesen Anstieg auslösen können. Hier bedarf es eines Fachmannes, der massvoll und kenntnisreich mit diesem Wert umgeht.
Mein Vater sagte: Für die Wahrheit muss man sich auch mal umdrehen!
Auf den PSA-Wert übertragen bedeutet das, dass man nicht dauernd nur das Problem des erhöhten PSA-Wertes erörtern darf. Denn ist der PSA-Wert sehr niedrig oder stabil, hat man eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass kein Prostatakrebs vorliegt. Inzwischen weiß man über die Aussagekraft des PSA sogar noch mehr: Bei einem tiefen PSA-Wert von unter 1 Einheit (ng / ml) bei einem 60-Jährigen ist die Wahrscheinlichkeit, dass er später noch an einem Prostatakrebs erkranken wird, sehr gering.
Kommissar PSA: Auch die Polizei weiß nicht alles
Im Idealfall wünschen sich Mediziner für Krebserkrankungen und chronische Erkrankungen einen spezifischen Marker, der nur durch diese Erkrankungen gebildet wird und im Blut gemessen werden kann. Es entspricht dem Traum von der „flüssigen Biopsie“ mittels einer Blutabnahme. Leider hat man jedoch bislang für keine Erkrankung solch einen spezifischen Test entdecken können. Alle Marker, die heute bei verschiedenen Erkrankungen bestimmt werden, unterliegen der Gefahr einer Verfälschung, sei es durch Medikamente, andere Erkrankungen oder individuelle Faktoren wie beispielsweise das Alter.
Für das PSA sind mehrere Faktoren bekannt, die den Wert beeinflussen können und die man kennen muss.
- Der PSA-Wert darf jedes Jahr um 0,35 – maximal 0,75 „Einheiten“ (ng/ml) ansteigen. Das wäre eine normale Dynamik des Anstiegs.
- Im Alter gelten höhere PSA-Werte als „Normalwerte“. Aber aufgepasst: auch hier ist die Dynamik des Anstiegs ein entscheidender Hinweis, ob sich möglicherweise ein Prostatakrebs entwickelt (s. erlaubte Anstiegsgeschwindigkeit Punkt 1).
- Eine Vergrößerung der Prostata führt meist auch zu höher gestellten PSA-Werten.
- Eine vergrößerte Prostata führt nicht selten zu einem wellenförmigen Verlauf des PSA mit an- und absteigenden PSA-Werten. Wahrscheinlich wird das durch Reizungen in einzelnen Arealen der vergrößerten Prostata ausgelöst, die der Betroffene aber nicht bemerkt.
- Jede Reizung der Prostata selbst oder der Umgebungsorgane kann einen PSA-Anstieg auslösen. Dazu zählen eine bakterielle Entzündung des Prostata genauso wie Blasenentzündungen oder eine mechanisch Reizung beispielsweise durch einen Blasenkatheter.
- Medikamente beeinflussen den PSA-Wert nicht! Einzige Ausnahme sind Substanzen, die den Hormonspiegel oder die Verstoffwechselung der männlichen Geschlechtshormone beeinflussen. Bekannt ist die Substanz Finasterid (oder Dutasterid), die zur Verkleinerung der vergrößerten Prostata entwickelt wurde, aber inzwischen auch gegen Haarausfall genommen wird. Sie führen zu einer Halbierung des PSA-Wertes, was bei Untersuchungen zur Früherkennung eines Prostatakrebs unbedingt berücksichtigt werden muss (der Wert muss dann verdoppelt werden).
- Ob Fahrradfahren und Ejakulationen zu einem Anstieg des PSA-Wertes führt, wird widersprüchlich beurteilt. Vermutlich sind individuelle Faktoren wie beispielsweise die Form des Fahrradsattels, Gewicht des Patienten durch den Druck auf die Prostata und Länge der Reizung mit entscheidend. Eine Möglichkeit ist, im Falle einer Erhöhung des PSA-Wertes diesen nach 2 Wochen ohne diese „Reizfaktoren“ wiederholen.
- Eine neue Studie hat gezeigt, dass es im Falle einer Covid-19 (Corona) Infektion zu einem Anstieg des PSA-Wertes kommen kann
Es soll verschiedene PSA-Formen geben, die einem bei einer Erhöhung weiter helfen (können)
Das stimmt. Es gibt wohl kaum ein Eiweißmolekül im Blut, das so intensiv erforscht wurde und wird, wie das PSA. Immer ist man auf der Suche, ob man der Natur vielleicht nicht doch das Geheimnis entlocken kann, in welcher Kombination dieses Eiweiß darauf hinweist, dass sich ein Prostatakrebs entwickelt oder bereits wächst. Dann wäre der Traum eines spezifischen Tumormarkers erfüllt. Bislang muss man sich damit zufrieden geben, dass PSA „nur“ ein Gewebemarker ist, wenn auch ein sehr guter. Heute weiß man, dass PSA verschiedene Unterformen hat. Meist reicht die Bestimmung des Gesamt (Total)-PSA aus. Hilfreich ist der Verhältniswert von freiem PSA zu Gesamt-PSA, der „berühmte“ Quotient. Ist der Anteil von freiem PSA hoch (größer 20 %) ist das ein Hinweis, dass im Fall einer PSA-Erhöhung diese Erhöhung durch gutartige Anteile der vergrößerten Prostata ausgelöst wird.
Wie bei allen Genussmitteln: Massvoll ist immer richtig!
So ist es auch beim PSA-Wert. Wenn man die Stärken und Schwächen kennt und nicht bei jeder geringen Aufwärtsbewegung der Verlaufskurve des PSA-Wertes eine Biopsie macht, dann haben wir einen fast seismographischen Indikator für den Zustand der Prostata. Außerdem hat sich als Revolution die ergänzende Bildgebung der Prostata mit Hilfe der MagnetResonanzTomographie (MRT) wesentlich verbessert. Es hilft wesentlich, unnötige Biopsien zu vermeiden und bei notwendigen Biopsien diese zielgenau aus den verdächtigen Arealen zu gewinnen.