War es eine revolutionäre Entdeckung oder ein genialer Marketingtrick? Vielleicht wird es einmal ein investigativer Journalist beantworten können. Auf jeden Fall ist seit dem Moment der Erscheinung im Jahre 2013 die Substanz in aller Munde und beschert den Herstellern vermutlich hohe Renditen. Denn es hieß, dass dieser Zucker so gut schützt wie ein Antibiotikum.
Aber so wichtig die Suche nach sinnvollem Antibiotika – Ersatz ist – es darf nicht dazu führen, dass Millionen Betroffene als Selbstzahler für unbewiesene oder unwirksame Substanzen zahlen.
Die in dem Artikel angesprochene Studie untersuchte, ob Mannose als Zucker vor einem erneuten Wieder-Auftreten von Blasenentzündungen schützt. Ob es bei einer akuten Blasenentzündung hilft, wenn die Blase mit Bakterien überschwemmt ist, wurde nie untersucht. Zahlen womöglich Millionen Betroffene viel Geld für einen Zucker, dessen Effekt nie bewiesen wurde!
Was weiß man über Mannose?
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Dieser in der Natur vorkommende Zucker wird aufgrund seiner speziellen Struktur im oberen Magen-Darmtrakt schnell aufgenommen und dann unverändert über die Nieren in den Urin ausgeschieden. Und dann macht der Zucker etwas besonderes: Wenn im Urin Bakterien sind, werden deren fingerartige Anker besetzt und damit blockiert. Damit verlieren die Bakterien die Fähigkeit, sich an der Blasenwand anzuheften. Dann können sie wie auf einer Rutschbahn (siehe Intro-Bild) ausgespült werden.
Welcher Effekt von Mannose ist denn bewiesen?
Es gibt 2 Studien, die trotz aller Schwächen zeigen, dass Mannose vor dem Wiederauftreten von Blasenentzündungen zu schützen scheint. Neben einer italienischen Untersuchung mit lediglich 60 Frauen gibt es eine große Studie aus Kroatien. Hier wurden mehr als 300 Frauen in 3 Gruppen eingeteilt, nachdem sie infektfrei waren. Die Frauen, die täglich Mannose nahmen, hatten eine genauso hohe Erfolgsrate infektfrei zu bleiben wie bei täglicher Einnahme eines Antibiotikums.
Wirkt denn Mannose auch bei einer akuten Blasenentzündung?
Um es ganz klar zu sagen: Kein Mensch weiß das! Das wurde NIE untersucht. Und die Situation bei der akuten Blasenentzündung ist anderes als bei einem Schutz vor einem Wiederauftritt.
Bei der akuten Entzündung gibt es Millionen von Bakterien, die elimiert werden müssen. Bei dem Schutz vor einem Wiederauftritt sind es aber womöglich nur wenige Bakterien, die vor dem erneuten Aufflammen einer Entzündung ausgeschwemmt werden müssen.
Vielleicht kann man es mit einer Demonstration vergleichen: einige wenige Demonstranten kann man leicht unbemerkt in eine Nebenstrasse umlenken – bei mehreren Tausend Demonstranten wird das nicht gehen.
Aber was soll ich denn bei der akuten Blasenentzündung tun?
Hat man keine komplizierte Zystitis (beispielsweise mit Fieber), ist der Versuch der nicht-antibiotischen Therapie durchaus gerechtfertigt. Aber man sollte man wissen, dass es Alternativen gibt, die preiswerter sind und zudem sauber wissenschaftlich untersucht wurden!!
Im Jahre 2015 veröffentlichte die Würzburger Allgemeinmedizinerin, Frau Prof. Gágyor, höchst interessante Studienergebnisse. Mehr als 500 Frauen mit einer unkomplizierten Blasenentzündung erhielten in 42 Allgemeinarztpraxen in Deutschland zufallsgesteuert entweder Schmerzmittel und eine „Trinkkur“ oder eine Einmaldosis eines Antibiotikums. Das Antibiotikum war zwar besser und wirkte schneller – aber auch zwei Drittel der Frauen mit Trinken und Schmerzmitteln wurden geheilt. Bei den Betroffenen ohne Antibiotika kam es etwas häufiger zum Auftreten von fieberhaften Infekten des Nierenbeckens – aber dann nahmen sie verzögert Antibiotika auf.
Botschaft am Ende
Trotz aller notwendigen Suche nach Alternativen zu Antibiotika:
- es wurde nie bewiesen, dass Mannose effektiv ist, eine akute bakterielle Entzündung zu heilen
- bevor man viel Geld selbst bezahlt, kann man auch Alternativen versuchen
- so wurde bewiesen, dass alleine vermehrtes Trinken und Schmerzmittel in zwei Drittel aller Fälle zu einer Heilung führen
- aber aufgepasst: bei einem komplizierten Verlauf mit Fieber müssen Sie einen Arzt / Urologen aufsuchen
- außerdem gibt es pflanzliche Präparate, die bewiesenermaßen gut helfen!