Urin-Inkontinenz, warum „nur“ Frauen: Teil 2

Eine Urin-Inkontinenz als Belastungs (Stress)-Inkontinenz gibt es fast nur bei Frauen. Wenn es bei Männern auftritt, dann entweder als Ausdruck einer überaktiven Drang-Blase oder nach Operationen wie einer operativen Verkleinerung der Prostata oder einer kompletten Prostataentfernung wie bei einem Prostatakrebs.

Männlicher Mechanismus der Kontinenz

Beim Mann läuft die Harnröhre von der Blase aus durch die Prostata. Deshalb kommt auch durch die Harnröhre das Ejakulat.

Unterhalb der Prostata liegt der Schließmuskel als Teil des Beckenbodens. Dann läuft die Harnröhre unterhalb des Schambeines nach vorne (siehe Bild unten) und wird im weiteren Verlauf von einem eigenen Schwellkörper (sog. Corpus spongiosum) umgeben. Seitlich liegen die großen „äußeren“ Schwellkörper, die für die Erektion sorgen.

Diese Anatomie ist „mechanisch“ unglaublich komplex. Bei der Dichtigkeit ist sie von großem Vorteil. Einmal ist es der „Knick“ unterhalb des Schambeines, der hilft. Denn fast wie einem Faltventil wird die Harnröhre gestaucht und dadurch verschlossen (siehe Bild unten). Außerdem ist die Prostata, aus der ein Großteil des Ejakulats kommt, hilfreich. Denn im oberen Bereich fallen die Seitenlappen nach innen und drücken den Blasenhals ergänzend zu.

Diese beiden anatomischen Eigenheiten helfen dem Schließmuskel bei einer Druckbelastung. Und sie erklären, warum Männer normalerweise keine Belastungs (Stress)-Inkontinenz haben.

Anatomische Situation bei der Frau

Die Anatomie der Frau ist unterschiedlich und deshalb anfällig für eine Belastungs (Stress) – Inkontinenz. Der Beckenboden der Frau muss elastisch, bandgestützt und weit sein, damit genügend Platz für den Geburtsvorgang bleibt.

Es gibt bei der Frau einen oberen Schließmuskel im Bereich des Blasenhalses, der aber wenig Druck aufnehmen kann. Wichtiger ist ein zweiter, tiefer gelegener Schließmuskel, der in der Mitte der nur 4 cm langen Harnröhre liegt. Aber der alleine könnte einen plötzlichen Druck, wie er beim Springen oder starken Husten auf die Blase entsteht, nicht aufhalten.

Entscheidend ist dabei weniger der plötzliche Druckanstieg , sondern die quasi senkrechte Druckfortsetzung nach unten. Es gibt kaum ein unterstützendes „Knickphänomen“ wie beim Mann und auch keine „helfend“ verschließende Prostata.

Trotzdem hat die Natur unglaublich raffinierte Ergänzungsmechanismen entwickelt. So kann auch die Frau – trotz aller zur Geburt notwendigen elastischen „Schwächen“ – komplett den Urin halten, auch bei plötzlichen Druckerhöhungen.

Diese raffinierten Mechanismen können aber erst im nächsten Blogbeitrag besprochen werden, dem Teil 3 zur Urin-Inkontinenz. Sie müssen differenziert besprochen werden, denn man kann sie separat behandeln oder trainieren. Nur mit diesem Verständnis wird man die teilweise aufwendigen Maßnahmen durchführen, um sein Kontinenzproblem zu lösen oder zu verbessern.

Botschaft am Ende

Als wir als Kind das letzte Mal die Windel benutzten, waren die Jubelschreie groß. Kurze Zeit später aber, wenn man zuverlässig dicht war, dachte kein Mensch mehr an die Blase, höchstens wenn die Not groß und die Toilette besetzt war.

Über viele Jahrzehnte wird die normalen Speicherfunktion der Blase dann fast banal alltäglich. Erst wenn etwas nicht mehr funktioniert, bemerkt man die elementare Bedeutung dieses genialen Organs. Nicht nur der „klare Kopf“ und eine Bewegungsfähigkeit ermöglichen uns die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Auch eine funktionierende Blase gehört dazu.

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