Blasenentzündung & Sexualität

Immer wieder Blasenentzündungen nach dem Sex. Eine junge Patientin sagte einmal „Meine Blase vertreibt meinen Mann“. Was passiert da?  Weil die Harnröhre der Frau sehr kurz ist, kann es beim Verkehr zu einem mechanischen Ein“massieren“ von Bakterien in die Blase kommen. Aber warum bekommen nicht alle Frauen eine Blasenentzündung?

Wann haben Frauen ein erhöhtes Risiko?
  • bei einer Zuckererkrankung (Diabetes) ist das Risiko fast 25-fach erhöht 
  • bei einer Verhütung mit Spermien-tötenden Cremes und einem Diaphragma ist das Risiko bis zu 14-fach erhöht
  • bei älteren Frauen ist ein Östrogenmangel in der Scheide ein wichtiger Risikofaktor
  • bei jüngeren Frauen kann die Pille als Verhütungsmittel  zu einer Infektanfälligkeit führen
 
Spermizid und Diaphragma als Risikofaktor

Das Diaphragma ist eine elastische Kappe, die gewissermassen als Schutzschild auf den Muttermund gesetzt wird und zusammen mit spermientötenden Cremes abgewendet werden muss. Bei Beachtung bestimmter Grundregeln ist die Sicherheit als Verhütungsmittel sehr hoch.

Aber so wie Spermien „getötet“ werden, so kann es auch den Schutzbakterien der Scheide, den Laktobazillen oder Milchsäurebakterien, ergehen. Wenn sie aber ihrer Abwehrfunktion nur eingeschränkt nachkommen, haben andere Bakterien ein leichtes Spiel.

Östrogenmangel bei älteren Frauen

Das sich ein lokaler Östrogenmangel in der Scheide als Treiber einer Blasenentzündung auswirken kann, hat mehrere Gründe. Denn Östrogene schützen auch die Scheide, weil

  • Östrogene verbessern die Gewebefestigkeit der inneren Harnröhre
  • Östrogene führen zu einer vermehrten Durchblutung, die zu einer Volumenzunahme der inneren Schleimhaut der Harnröhre führt
  • Östrogene führen zu einer Steigerung der lokalen Produktion von Abwehreiweiß
  • Östrogene sorgen für eine Milieu, in dem die natürlichen Abwehrbakterien, die Laktobazillen oder Milchsäurebakterien, effektiv arbeiten können
Ein Östrogenmangel ist einer der wichtigsten Ursachen bei wiederkehrenden Entzündungen der Blase, das die lokalen Abwehrkräfte der Frau entscheidend durch die Östrogene stimuliert werden.
Östrogenmangel bei jüngeren Frauen: Gibt es das?

Viele junge Frauen verhüten mit der Pille. Diese funktionieren mit einer Beeinflussung der körpereigenen Östrogenbildung. Besonders bei sogenannten Mikro-Pillen mit einer niedrig dosierten Hormonzusammensetzung kann es zu einem Östrogenmangel und Scheidentrockenheit führen. Dadurch können die „guten“ Scheidenbakterien gestört werden und es kommt zu einer Infektanfälligkeit. Betroffene sollten ihren Gynäkologen fragen. Im Zweifelsfall muss untersucht werden, ob eine ausreichende Östrogenisierung  besteht. Dies ist mit sehr einfachen Massnahmen möglich.

Was kann man tun?

Es gibt viele Möglichkeiten. Das ist gut, verunsichert aber oft die Betroffenen, womit sie anfangen sollen. Ich rate dazu, es ähnlich einer Stufentherapie zu machen. Fangen Sie mit den einfachen Maßnahmen an. Schreiben Sie vielleicht auf, wann die Infekte auftraten und was Sie dann getan haben. Wenn die Maßnahmen nicht nutzen, kann man dann wechseln.

Einfache (und preiswerte) Maßnahmen:
  • Entleeren Sie die Blase nach dem Verkehr. Es gibt inzwischen sehr gute Daten, dass Trinken und damit der Effekt der Spülung wirklich hilft.
  • Meiden Sie ein Diaphragma und Spermizide als Verhütungsmittel.
  • Auch wenn Sie die Pille nehmen, lassen sie untersuchen, ob Sie vielleicht eine zu „trockene“ Scheide mit zu wenig Östrogen haben.
  • Wenn ja, fragen Sie Ihre Frauenärztin nach einer anderen Pille oder östrogenhaltigen Scheidencremes. Auch hier gibt es Daten, die das unterstützen.
  • Lassen Sie bei Ihrer Frauenärztin eine Scheideninfektion ausschließen.
  • Wenn Sie älter sind, ist ein Östrogenmangel in der Scheide wahrscheinlicher. Da helfen lokale Östrogene sehr gut.
  • Sie können sich ein Antibiotikum verschreiben lassen, das Sie aufheben und dann nach dem Verkehr einnehmen. Nitrofurantoin hat den Vorteil, dass es nur in den Hohlwegen wirkt. Es kann dann über Nacht in der Blase wirken.
  • Ansäuerung des Urins – man weiß nur wenig, ob es vorbeugend wirklich hilft, aber es ist nicht zur Akut“therapie“ eines Infektes nach Sexualität geeignet.
 
Einfache (aber nicht preiswerte, weil meist nicht rezeptfähige) Maßnahmen
  • Pflanzliches Kombinationspräparat mit Tausendgüldenkraut, das wissenschaftlich gut belegt ist.
  • Bärentraubenblätter, deren Wirkmechanismus gut erforscht ist, eine gute klinischen Studie aber noch nicht abgeschlossen ist.
  • Senföle (Kapuzinerkresse & Meerrettich), wobei die Studiendaten schwach sind.
  • Mannose verhindert die Anheftung der Bakterienanker an der Blasenwand. Aber über diesen Wunderzucker gibt es „nur“ eine kroatische Studie, die lediglich das Wiederauftreten von Infekten verringert hat – gute Daten zur Akuttherapie gibt es nicht. Deshalb: wenn der teure Zucker nicht hilft, Wechsel der Strategie.
  • Cranberries (Moosbeeren) – lange Zeit auch als Wundermittel gepriesen, zwischenzeitlich eher kritisch gesehen gibt es aktuelle Analysen aus dem Jahre 2023, die wieder einen nachvollziehbaren Schutz ermittelt haben. Wchtig ist die richtige Dosis, trotzdem eher zurückhaltend einsetzen und protokollieren, ob es hilft. Sonst wechseln.
  • Ein in Deutschland fast unbekanntes Mittel ist Methenamin, das jedoch gerade bei wiederkehrenden Blasenentzündungen einen sehr effektiven und wissenschaftlich nachgewiesenen Schutz vermittelt. Allerdings ist es zur Therapie einer Bakterienflut wie beinen akuten Zystitis zu schwach.
 
Aufwendige Massnahmen
  • Sich selbst „danach“ mit einem kleinen Katheter ein flüssiges Antibiotikum in die Blase füllen (eigentlich einfach, aber man muss angelernt werden!). Leider kennen diese Methode nur sehr wenige Urologinnen und Urologen, auch wenn sie bei Spezialisten in der Welt anerkannt und etabliert ist.
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