Erstmals berichteten Forscher aus St. Louis in den USA im Jahre 2004, dass eine Ursache von wiederkehrenden Blasenentzündungen nicht nur von außen über die Harnröhre eingedrungene Bakterien seien, sondern dass es in der Blasenwand und in den Zellen der Blasenschleimhaut versteckte Bakterien-„Nester“ gibt.
Sind diese eingekapselten Bakterienkolonien gewachsen, können sie an der Oberfläche der Blase aufplatzen und es kommt es zu einer neuen Infektion. Ist dies der Grund, dass manche Betroffene (übrigens auch Männer) immer wieder Blasenentzündungen bekommen, auch wenn sie über Monate Antibiotika eingenommen haben?
„Elektroskalpell“ gegen Entzündungsbläschen
2019 veröffentlichte eine urologische Arbeitsgruppe aus Dallas in Texas die Ergebnisse eines ungewöhnlichen Therapieansatzes. Man hatte in einer ambulanten Kurznarkose die bei chronischen Blasenentzündungen typischen „Entzündungsbläschen“, oft auch als „Coli-Stippchen“ bezeichnet, mit einem „Elektroskalpell“ weggebrannt (Fulguration).
Aber um es vorweg zu sagen: Damit ist nichts bewiesen und man sollte sich vor überstürzten operativen Eingriffen zurückhalten. Zumindest bis die Erfahrungen anderer Urologen oder der laufenden wissenschaftlichen Studie vorliegen.
Wie waren die Erfolgsraten?
Die Untersuchung ist eine Auswertung der Daten von 2004-2016. Bei 95 Frauen mit mehr als 3 Blasenentzündungen pro Jahr und in der Blasenspiegelung sichtbaren „Entzündungsbläschen“, häufig auch „Infektstippchen“ genannt, erfolgte in ambulanter Kurznarkose die Abtragung der „Bläschen“. Dabei wurden die Bläschen mit einer flexiblen Sonde unter endoskopischer Kontrolle „verbrannt“.
Nach Abtragung der „Entzündungsbläschen“ bei insgesamt 95 Frauen wurden sie über fast 5 Jahre nachverfolgt. Bei 62 der 95 Frauen (65 %) wurde ein Erfolg verzeichnet. Aber: Nur 14 Frauen (15 %) waren wirklich geheilt, bei 69 Frauen (73 %) kam es zu einer Verbesserung mit weniger nachfolgenden Entzündungen.
Botschaft am Ende
Wir wissen, dass es bei chronischen Entzündungen der Blase oft zu den bläschenartigen Veränderungen der Schleimhaut kommt. Ob aber die „Verbrennung“ (Fulguration) eine ursächliche Therapie ist, ist noch offen. So ließen sich in eigenen Untersuchungen in dem Bläscheninhalt keine Bakterien, sondern nur Eiweisse nachweisen.
Bevor sich also jetzt alle Betroffenen mit wiederkehrenden Blasenentzündungen vorhandene „Stippen“ wegbrennen lassen, sollten weitere Studien abgewartet werden. Diese erfolgen derzeit in Texas. Trotzdem erscheint der Ansatz interessant. Vielleicht wird die mechanische Abtragung der Schleimhautblasen zusammen mit Substanzen, die das Immunsystem modulierenden, erfolgreich.
Auf jeden Fall wird mit der Arbeitshypothese der Sinnhaftigkeit der Entfernung der Infektbläschen ein neues Kapitel aufgeschlagen. Ob es sich bewahrheitet, muss aber erst noch bewiesen werden.