Warum haben meist Frauen Blasenentzündungen?

Der Hauptgrund, warum fast nur Frauen wiederkehrende Blasenentzündungen bekommen, ist anatomischer Natur. Die Harnröhre, also die Verbindung der Blase zum Körperausgang ist bei der Frau mit circa 4 cm sehr kurz und Bakterien können leicht „aufsteigen“. Dahingegen ist die Harnröhre des Mannes ca. 25 cm lang. Eine (zu) lange Distanz für Bakterien und außerdem ist die Harnröhre des Mannes durch antibakterielle Sekrete der Prostata geschützt. 

Aber es gibt weitere Gründe für die erhöhte Infektanfälligkeit der Blase bei Frauen:

  • die Harnröhre mündet in unmittelbarer Nachbarschaft zur Scheide
  • die Scheide ist feucht und warm
  • das macht die Scheide zu einem idealen Milieu für Bakterien
  • der Enddarmausgang als Bakterienquelle ist eng benachbart
  • durch die kurze Harnröhre können beim Sexualverkehr leicht Bakterien „einmassiert“ werden
  • bei der älteren Frau mit einem Östrogenmangel ist das Risiko erhöht, da die lokale Infektabwehr geschwächt ist.
  • Wichtig: auch jüngere Frauen können einen Östrogenmangel haben, wenn sie die sogenannte Minipille zur Verhütung nutzen
Durch die Nähe des Enddarmausganges (rechts im Bild) können krankmachende Bakterien leicht in den Scheidenvorhof gelangen. Von dort aus ist die kurze Strecke über die Harnröhre zur Blase (links im Bild) ein anatomischer Risikofaktor bei Frauen.
Was weiss man sonst über Infektionsrisiken bei Frauen?

Man unterscheidet zwischen „eher“ immunologischen und „eher“ mechanischen Ursachen. Das ist wichtig, denn das kann die Empfehlungen für eine bessere Vorsorge beeinflussen. Ein Beispiel wäre die Abklärung einer Immunschwäche oder eines Vitamin-D-Mangels.

Hinweise für eine eher immunologische „Schwäche“:

  • in der Vorgeschichte gab es bereits Harnwegsinfektionen
  • bei der Erstinfektion sind die Betroffenen sehr jung (15-16 Jahre)
  • es gibt in der Familie Hinweise für vermehrte Blasenentzündungen

Hinweise für eher „mechanische“ Ursachen:

  • zeitnah zur Entzündung findet regelhaft Sexualverkehr statt
  • es werden Diaphragmen und Spermizide gebraucht
  • wenn die Entzündungen immer nach Baden und Schwimmen auftreten

Die Empfehlung für Strategien zur Vermeidung sind vielfältig und müssen auch in Abhängigkeit von der Individualsituation entscheiden werden.

Bei einer Divertikelerkrankung des Dickdarmes kann sich eine entzündete Ausbuchtung (Divertikel) des Darmes der Blase anlegen und in das Blaseninnere durchbrechen. Die Betroffenen haben dann immer wiederkehrende Blasenentzündungen. Diagnostisch wegweisend sind Fasern im Urinsediment, beim sogenannten Mohntest mit Verzehr von 2 bis 3 Stücken Mohnkuchen sollen die Betroffenen den Urin beispielsweise in einer Glasvase über 2 Tage sammeln. Bei einer Fistelverbindung finden sich in 90 % Mohnkrümel im Sediment des Urins.
Blasenentzündungen bei Männern: Gibt es das ?

Ja, das gibt es, ist aber zumindest bei jungen Männern sehr selten. Im Wesentlichen gibt es bei Männern 3 Ursachen:

  • Restharnbildung (z.B. große Prostata)
  • Fehlverbindung zwischen Darm und Blase (z.B. Divertikel)
  • chronische Entzündung (z.B. abgesiedelte Bakteriennester)

Wenn es zu Restharn kommt, liegt eine Entleerungsstörung der Blase vor. In dem verbliebenen Urin können sich Bakterien, wenn sie einmal in der Blase sind, ideal vermehren. Die Restharnbildung kann an einer vergrößerten oder zu eng gewachsenen Prostata oder einer narbigen Enge der Harnröhre liegen. Es kann aber auch eine muskuläre Störung sein, wenn der Blasenmuskel nicht mehr ausreichend arbeitet.

Bei einer Divertikelerkrankung des Dickdarmes bilden sich Ausstülpungen, die sich entzünden können. Dann kann sich die Entzündung in umliegendes Gewebe „fressen“ ähnlich einem Geschwür. Das kann bis in die nahe gelegene Blase reichen (siehe Bild oben). Dadurch entsteht eine Fistel und die Bakterien des Darmes gelangen in die Blase und verursachen eine Entzündung. Diese Männer berichten oft auch über ein typisches sprudelartiges Luftpinkeln, die sogenannte Pneumaturie.

Botschaft am Ende

Ein Patient, bei dem ich aus diagnostischen Gründen eine flexible Blasenspiegelung in Lokalbetäubung durchführen musste, seufzte kurz vor Beginn: „So ein scheiss Konstruktionsfehler der Natur. Der Abwasserkanal mitten im Vergnügungszentrum!“

Eigentlich hätte das eine Frau sagen müssen, denn genau diese anatomische Nähe der Mündung der Harnröhre an der Scheide ist die Hauptursache für die häufigen Blasenentzündungen. Wir können die Natur aber nicht ändern oder sind ihr unterlegen.

 

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